Schon vor vier Jahren hat der Lindauer Architekt und Maurermeister André Baldauf mit einer Premiere für Aufsehen gesorgt: Damals stockte er sein eigenes Wohnhaus mithilfe des neuartigen Verfahrens auf. Jetzt startet sein zweites Projekt: ein Doppelhaus in der Bazienstraße. Wird das Haus aus dem Drucker bald massentauglich?
Dass man Häuser auch drucken kann, davon habe er zum ersten Mal während des Studiums gehört, erzählt André Baldauf. „Als Handwerker hat mich das fasziniert.“
Eine Weile habe er die Technologie beobachtet, bevor er vor vier Jahren schließlich seine Familie und sich selbst zum Versuchskaninchen machte: Er vergrößerte sein eigenes Wohnhaus mithilfe eines riesigen Druckers um ein Stockwerk.
Baldauf sprach damals von einer Weltneuheit. Bis dahin waren nur Neubauten mit einem 3D-Drucker errichtet worden. Bei seinem Anbau war vor allem der Platz eine Herausforderung – und die Tatsache, dass das Schienengerüst des Druckers für die Hanglage des Hauses extra präpariert werden musste.
Beim „Hausdruck“ wird aus einer großen Düse, die über ein Schienengerüst bewegt wird, flüssiger Beton gedrückt. Die Wände werden in zentimeterdicken Schichten hochgezogen. Das sieht ähnlich aus, wie ein Konditor mit dem Spritzbeutel eine Torte dekoriert. Gesteuert wird alles digital über eine Software am Laptop. Aussparungen, zum Beispiel für Fenster, sind bereits einprogrammiert.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Von seinem neuen Obergeschoss ist Baldauf begeistert. „Wir haben darin ein tolles Wohnklima“, sagt er. Die schweren Beton-Bauteile der gedruckten Wand, die Dämmung aus Neptungras und die Holzdecke hielten die Etage im Winter warm und im Sommer kühl.
Er ist mit dem Ergebnis zufrieden – doch natürlich sei bei seinem Pilotprojekt auch „viel schiefgegangen“. So habe es damals zum Beispiel sehr lange gedauert, das große Gerät, das Baldauf von einer dänischen Firma geliehen hatte, aufzubauen. Das habe die Zeitersparnis, die das Drucken gegenüber herkömmlichen Maurerarbeiten bringe, quasi zunichtegemacht.
Seitdem ist Baldauf viel herumgekommen. „Ich war ein gefragter Redner“, sagt er. Bei seinen Vortrags-Touren habe er viel gelernt und gemerkt: „Weltweit haben alle die gleichen Probleme.“
Das Obergeschoss des Wohnhauses von André Baldauf und seiner Familie kommt aus dem 3D-Drucker. Foto: Bodensee Architektur GmbH
Für sein Neubauprojekt in der Lindauer Bazienstraße, das er mit seiner Firma Baldauf Gebäudedruck umsetzt, hat er sich nun ein eigenes, kleineres Drucksystem konstruiert und bauen lassen. Auch an der Zusammensetzung des Baumaterials hat er weiter getüftelt. „Im Beton ist jetzt weniger Zement.“
Das sei umweltfreundlicher, denn bei der Herstellung von Zement wird viel CO2 freigesetzt. Zudem habe er den „Massivanteil“ der Wände verringert und den „Dämmanteil“ erhöht, wodurch insgesamt weniger Beton benötigt werde. Dazu kommt, dass es beim Drucken kaum Materialverschwendung gibt, weil sehr präzise gearbeitet werden kann.
Zum Start seines neuen Projekts sehe alles „viel besser aus, als wir uns das erhofft hatten“.
OB Alfons: Ein Projekt mit Modellcharakter
Der Lindauer Bauausschuss hat bereits im Sommer in nicht öffentlicher Sitzung grünes Licht für das Projekt gegeben, wie die Stadt in einer Pressemitteilung schreibt. Die Stadträtinnen und Stadträte stimmten zu, dass Baldauf vom Bebauungsplan abweicht, weil das geplante Doppelhaus anders aussehen wird als die Häuser drumherum.
Bauamtsleiter Kay Koschka spricht von einer „wohlüberlegten Entscheidung“ für eine „einmalige Ausnahme“. Bei diesem Projekt seien Bauweise und Verfahrensart so „einzigartig, innovativ und anders“, dass Bauausschuss und Bauamt sich bewusst für den Kontrast entschieden hätten.
Schließlich böten neue Technologien wie der 3D-Druck vielversprechende Ansätze, um Zeit und perspektivisch auch Kosten zu sparen. „Dass ein Lindauer Architekt hier mit eigenen Projekten an der Weiterentwicklung dieser Technologie arbeitet, wollen wir ausdrücklich unterstützen“, sagt Oberbürgermeisterin Claudia Alfons. „Es handelt sich um ein Projekt mit Modellcharakter – nicht nur für Lindau, sondern auch für die gesamte Region.“
Die Bagger sind bereits auf der Baustelle, die Arbeiten für den Kelleraushub des Doppelhauses haben begonnen. „Wann dann gedruckt wird, hängt vom Wetter ab“, sagt Baldauf.
Die Baugrube in der Bazienstraße. Foto: Chistian Flemming
Wenn das Haus in der Bazienstraße fertig ist, geht es für Baldauf und sein Team weiter zum nächsten Projekt nach München. Sein Ziel: Er will das Drucken von Häusern massentauglich machen. „Das kann eine starke Konkurrenz werden, zum Beispiel für Fertighäuser oder Systembauweise“, findet er.
Dass das 3D-Druck-Verfahren Maurer ihre Jobs kosten wird, glaubt er hingegen nicht. „Ich glaube, dass sich das Berufsbild ändern wird und der Maurer mehr zum Maschinenführer wird“, sagt er. „Ich habe selber zehn Jahre lang auf der Baustelle gearbeitet und weiß, wie körperlich belastend der Beruf ist.“
In der Entlastung durch die Maschine sieht er „eine Riesenchance, um Fachkräfte wieder an den Bau zu bringen“. Schließlich hätten Handwerker große Nachwuchsprobleme.
Die Digitalisierung mache auch vor der Baubranche nicht halt. „Das war immer klar“, sagt Baldauf. „Und wir wollen das Thema mitgestalten.“
Teile diesen Artikel mit deinen Freund*innen
Dir brennt ein Thema auf der Seele? Wir kümmern uns!
Bei Kolumna wollen wir uns um die Themen kümmern, die dir wichtig sind. Schicke uns deine Anregungen oder Recherche-Hinweise über unseren Briefkasten, den wir extra dafür eingerichtet haben.
Ein inklusives Wohnprojekt ermöglicht Menschen ein selbstbestimmtes Leben. Gleichzeitig offenbart es ein Problem: Genau solche Orte fehlen. Es scheitert schon am bezahlbaren Wohnraum.
Für viele hat es Kultstatus. Die Erfindung war nicht nur am Bodensee und in ganz Deutschland eine Attraktion – die Karussells wurden früher in die ganze Welt exportiert. Über eine Erfolgsgeschichte, die in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm.
Schöner und moderner soll das Stammhaus des Hotel Gierer werden, mit einer Dachterrasse als Highlight. Der Wasserburger Gemeinderat ist sich bezüglich der Pläne zum Umbau einig.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Jotform. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.